Kündigungsschutz in Kleinbetrieben
By : Rechtsanwalt Denis König | Category : Arbeitsrecht | No Comments
1st Apr 2013
Auch Arbeitnehmer in Kleinbetrieben genießen einen Kündigungsschutz. Die Kündigung ist nach Grundsätzen von Treu und Glauben auf ihre Wirksamkeit zu prüfen.
Wenn es um eine Kündigung durch den Arbeitgeber geht, denken die meisten Arbeitnehmer an das Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Das KSchG bietet Arbeitnehmern umfassenden Kündigungsschutz und setzt hohe Hürden für eine Kündigung durch den Arbeitgeber.
Was aber nicht viele wissen, ist, dass das KSchG nicht für Kleinbetriebe gilt. Was Kleinbetriebe sind, ist im § 23 KschG definiert: Arbeiten in einem Betrieb weniger als 10,25 Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse nach dem 31.12.2003 geschlossen wurden, so gelten der erste und der zweite Abschnitt des KSchG mit der Ausnahme der §§ 4 -7 und § 13 Abs. 1 S. 1 und 2 nicht. Diese Ausnahme ist sehr wichtig, denn die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage beträgt auch für sie drei Wochen! Sonst müssen mehr als fünf Personen Arbeitnehmer (Alt-Arbeitnehmer) sein (besser gesagt, die Arbeitsverhältnisse müssen dann vor dem 01.01.2004 geschlossen worden sein). Zu beachten ist, dass zu den zählenden Arbeitnehmern alle Arbeitnehmer zählen, zB auch die Frau des Chefs, die in der Lohnbuchhaltung arbeitet. Wie die Zahl der Beschäftigten berechnet wird, steht im letzten Satz des § 23 Abs. 1 KSchG, daher kann es auch zu merkwürdigen Zahlen wie 10,25 kommen, da Teilzeitbeschäftigte je nach Stundenzahl entweder als 0,5 (unter 20 Wochenstunden) oder 0,75 (unter 30 Wochenstunden) eines Vollzeitbeschäftigten zählen.
Ein Kleinbetrieb ist also ein Betrieb, wo die benötigte Zahl der Arbeitnehmer nicht erreicht wird und für den daher der erste und zweite Abschnitt mit der obengenannten Ausnahme nicht gelten. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass diese für Arbeitnehmer in Kleinbetrieben nachteilige Regelung vom Bundesverfassungsgericht als mit dem Grundgesetz (zB Art. 12 GG) vereinbar angesehen wird.
Ist also ein Arbeitnehmer in einem Kleinbetrieb im Falle einer ordentlichen Kündigung ohne Kündigungsschutz? Nein. Denn das Bundesverfassungsgericht bestätigte zwar, dass § 23 KSchG (in der damaligen Fassung) mit dem Grundgesetz vereinbar ist und der Kündigungsschutz für Kleinbetriebe vom KSchG nicht erfasst wird, aber es hat auch entschieden, dass hier die Grundsätze von Treu und Glauben anzuwenden und zu beachten sind. Das heißt, dass die Kündigung weder gegen die Treuwidrigkeit noch gegen die Sittenwidrigkeit noch gegen Mindestmaß der sozialen Rücksichtnahme verstoßen darf. Daneben sind auch Verbotstatbestände zu beachten, die sich zB aus dem Mutterschutz für Schwangere oder aus dem SGB IX für Schwerbehinderte ergeben.
Was bedeutet das im Einzelnen?
Treuwidrig ist eine Kündigung, wenn sie auf sachfremden oder willkürlichen Motiven basiert. Das wären zum Beispiel eine Kündigung in diskriminierender Weise wegen Geschlechts, der Abstammung, Rasse, des Glaubens. Auch darf eine Kündigung keinen maßregelnden Charakter haben, zB wenn der Arbeitgeber mit seiner Kündigung den Arbeitnehmer, der seine Rechte gerichtlich durchsetzt, maßregeln will. Eine Kündigung (bzw. die Übergabe des Kündigungsschreibens) vor versammelter Belegschaft stellt eine ehrverletzende Handlung durch den Arbeitgeber dar und ist damit treuwidrig. Das LAG Bremen hat schon in den Achtzigern eine Kündigung zur Unzeit als treuwidrig betrachtet, als einem Arbeitnehmer nach einem Arbeitsunfall vor der Operation gekündigt wurde, obwohl die Kündigung selbst nichts mit dem Arbeitsunfall zu tun hatte. Auch widersprüchliches Verhalten des Arbeitgebers kann zur Treuwidrigkeit einer Kündigung führen, wenn dieser ein Fehlverhalten zunächst verzeiht, dann aber deswegen kündigt.
Sittenwidrig ist eine Kündigung aus Rachsucht oder wegen Krankheit, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer selbst zugefügt hat.
Rückgreifend auf die Entscheidung des BVerfG hat das BAG 2001, dass auch bei Kleinbetrieben die soziale Rücksichtnahme bei der Auswahl von mehreren zu kündigenden Arbeitnehmern zu beachten sind. Danach darf einem schutzwürdigeren Arbeitnehmer ohne berechtigte Interessen nicht gekündigt werden.