Krankengeld: Bundessozialgericht stärkt Rechte der Patienten | Rechtsanwalt König in Göttingen für Strafrecht Arbeitsrecht Sozialrecht Ausländerrecht Rechtsanwalt in Göttingen für Strafrecht Arbeitsrecht Sozialrecht Ausländerrecht

13th Okt 2017

Alltäglicher Fall: Die Krankschreibung endet an einem Freitag und der Patient geht erst am Montag zum Arzt. In der Praxis angekommen, wird er zurückgewiesen, weil die Praxis überlastet sei und der behandelnde Arzt die Krankschreibung erst am nächsten Tag verlängern kann. Der Patient möge doch morgen kommen, dann bekommt er seine Verlängerung. Und schon hat man eine Lücke von einem Tag und die Krankenkasse stellt die Zahlung des Krankengeldes ein.
 
Mit seinem Urteil vom 11.05.2017 – B 3 KR 22/15 R hat das Bundessozialgericht seine enge Rechtsprechung geändert bzw. erweitert um den Ausnahmefall, wenn die AU-Bescheinigung aus nichtmedizinischen Gründen irrtümlich nicht zeitgerecht erstellt worden ist.

Nach dieser Entscheidung bleibt der Anspruch des versicherten Patienten auf Krankengeld neben den allgemeinen Voraussetzungen bestehen, wenn er ihm alles Zumutbare getan hat. Darunter versteht das Bundessozialgericht, dass der Versicherte den Arzt rechtzeitig persönlich aufsucht und ihm seine Beschwerden schildert, der Versicherte an der Wahrung seiner Ansprüche durch eine (nichtmedizinische) Fehlentscheidung gehindert wird und er – zusätzlich – seine Rechte bei der Krankenkasse unverzüglich, spätestens innerhalb der Grenzen des § 49 Ab. 1 Nr. 5 SGB V und damit innerhalb einer Woche (!) nach der Kenntnis von dem Fehler geltend macht.

Diese Entscheidung ist kein Freischein bei überfüllter Arztpraxis nachhause zu gehen bzw. geschickt zu werden und am nächsten Tag zu kommen. Die Hürden, die das Bundessozialgericht aufgestellt hat, sind weiterhin recht hoch. Dass ein Arzt einen Patienten ohne eine Folgebescheinigung wegschickt, obwohl er dem Arzt seine Beschwerden geschildert hat, ist eher Ausnahme. Der Alltag ist, dass die Kommunikation mit dem Personal der Arztpraxis stattfindet. In seinem Beschluss vom 27.07.2017 – L 9 KR 239/17 B PKH hat das Landgericht Berlin-Brandenburg zumindest nicht ausgeschlossen, dass jemand, der sich schon vor der Entlassung aus stationärer Behandlung um einen Termin beim behandelnden bemüht, um eine lückenlose Fortsetzung seiner ärztlichen Behandlung sowie der Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit sicherzustellen, unter die Ausnahmen fällt, wenn keine Anhaltspunkte für Zweifel an der ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeit und für Leistungsmissbrauch vorliegen.

Wichtig:
Die Änderung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes gilt auch für ältere Fälle. Es lohnt sich nicht nur Widerspruchsverfahren und Klageverfahren an diese Rechtsprechung anzupassen, sondern auch Überprüfungsanträge nach § 44 SGB X zu stellen, um bis zu vier Jahre zurückliegende Entscheidungen der Krankenkassen überprüfen zu lassen.

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