AG München zur Verwertbarkeit von Privataufnahmen als Beweismittel | Rechtsanwalt König in Göttingen für Strafrecht Arbeitsrecht Sozialrecht Ausländerrecht Rechtsanwalt in Göttingen für Strafrecht Arbeitsrecht Sozialrecht Ausländerrecht

9th Jul 2013

Das Amtsgericht München musste sich mit der Frage beschäftigen, ob in einem Zivilprozess Privataufnahmen als Beweismittel zulässig sind. Damit – wie im zu entscheidenden Fall – ein Privatvideo als Beweismittel verwertet werden kann, muss dieses Video zunächst ohne einen bestimmten Zweck aufgenommen werden und später der Beweissicherung dienen.

Amtsgericht München, Urteil vom 06.06.2013 – Az.: 343 C 4445/13, Pressemitteilung des Gerichts

In dem Prozess machte ein Radfahrer gegen den Fahrer eines Smart Schadensersatzansprüche geltend.

Der Kläger fuhr zunächst rechts neben dem Smart, der ihn dann überholte. Plötzlich bremste der Smart, der Kläger geriet ins Straucheln und fiel hin. Er verletzte sich und auch sein Fahrrad wurde beschädigt. Der Kläger machte dann gegen den Autofahrer Schadensersatzansprüche in Höhe von 3.000 EUR und angemessenes Schmerzensgeld geltend machen. Der Kläger behauptete, dass der beklagte Autofahrer ihn durch das plötzliche Abbremsen maßregeln wollte, weil er sich vorher über den Überholvorgang mit zu geringem Abstand beschwert habe und dafür noch den Mittelfinger zu sehen bekam. Als das wurde auf die Kamera des Klägers aufgezeichnet.

Die Klage des Radfahrers war ohne Erfolg. Das Gericht sah es als erwiesen, dass der Kläger selbst für seinen Sturz verantwortlich sei, da er – ausgehend von der Geschwindigkeit – zu wenig Sicherheitsabstand auf den Smart hielt. Das Verschulden des Autofahrers konnte er nicht beweisen.

Das Gericht sah das Angebot der Videoaufnahmen als Beweismittel in diesem Fall als zulässig an, denn die Auswertung des Videos führte eigentlich dazu, dass die Klage keinen Erfolg hatte.

Unabhängig davon stellte sich für das Gericht die Frage, ob diese Privataufnahme als Beweismittel verwertet werden darf. Das Gericht musste daher zwischen den Interessen der Parteien abwägen und kam zum Ergebnis, dass die Verwertung zulässig ist.

Das Gericht begründete dies folgend:

Als das Video aufgezeichnet wurde, hat der klagende Radfahrer damit keinen bestimmten Zweck verfolgt. Die Personen seien zufällig ins Bild geraten. Dies sei z.B. mit Urlaubsfotos oder Urlaubsfilmen vergleichbar, auch dort werden Personen mit abgebildet, mit denen man nichts zu tun habe. Solche Aufnahmen seien nicht verboten und sozial anerkannt. „Jeder wisse, dass er in der Öffentlichkeit zufällig auf solche Bilder geraten könne. Nachdem die abgebildete Person dem Fotografen in der Regel nicht bekannt sei und dieser damit auch keine näheren Absichten gegenüber der abgebildeten Person verfolge, bleibe die abgebildete Person anonym und sei damit allein durch die Tatsache, dass die Aufnahme erstellt wurde auch nicht in ihren Rechten betroffen. Die Beeinträchtigung ihrer Grundrechte könne nur dann vorliegen, wenn eine derartige zufällig gewonnene Aufnahme gegen den Willen der abgebildeten Person veröffentlicht werde,“ so das Gericht.

In dem Verfahren machte der Kläger Gebrach von dem Video. Als sich aber der Unfall ereignete, hat sich auch die Interessenlage der Beteiligten geändert. Der klagende Radfahrer habe nunmehr das Interesse daran, Beweise zu sichern. Die Rechtsprechung erkenne ein solches Interesse an, wenn ein Unfallbeteiligter Fotos unmittelbar nach dem Unfall macht. Es könne keinen Unterschied machen, ob die Beweismittel erst nach dem Unfall gewonnen wurden oder bereits angefertigte Aufnahmen nun mit dieser Zielrichtung verwertet werden. Daher kann in dem Prozess das Video ausgewertet werden.

Im Endeffekt konnte das Video weder zeigen, dass der Kläger den Mittelfinger zu sehen bekam, noch dass der Beklagte ihn maßregeln wollte. Die Auswertung des Videos zeigte jedoch, dass der Kläger mit 24 km/h unterwegs war und eigentlich einen Sicherheitsabstand von 12 m einhalten musste, tatsächlich waren es nur 8 m. Dennoch wären auch 8 m ausreichend, wenn der Kläger nach dem Aufleuchten der Bremsleuchten mit beiden Bremsen moderat gebremst hätte und nicht nur mit der Vorderradfelge. Denn dann hätte er auch genügend Stabilität, um nicht zu stürzen. Das plötzliche Bremsen soll auf den Gegenverkehr zurückzuführen sein.

Schlagworte: Zivilrecht, Verkehrsunfall, Verwertung, Beweismittel, Privataufnahme, Radfahrer

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