Unberechtigte Mahngebühren des Inkasso-Service und erfolgreicher Widerspruch dagegen | Rechtsanwalt König in Göttingen für Strafrecht Arbeitsrecht Sozialrecht Ausländerrecht Rechtsanwalt in Göttingen für Strafrecht Arbeitsrecht Sozialrecht Ausländerrecht

17th Jun 2014

Über JuraBlogs bin ich auf diesen Beitrag des Kollegen RA Christian Wolf gestoßen.

Auch ich durfte mit dieser Vorgehensweise des Inkasso-Service der Bundesagentur (Mitte) Bekanntschaft machen. In aller Kürze ist der Sachverhalt, dass das Jobcenter (mit dickem Logo der Bundesagentur) gegen meine Mandantin, die Leistungen nach SGB II (Hartz 4) bezog, einen Erstattungsbescheid erlassen hat und zwar am 17.03.2014. Meine Mandantin wurde aufgefordert, bis zum 04.04.2014 einen bestimmten Betrag zu erstatten. Dagegen habe ich namens und in Vollmacht der Mandantin am 24.03.2014 Widerspruch per Fax eingelegt (die Mandantin lebt in der Nähe von Stuttgart, daher hat es etwas gedauert).  Am 16.04.2014 habe ich dann von dem Jobcenter ein Bestätigungsschreiben vom 14.04.2014 erhalten, dass die zuständige Mitarbeiterin den Widerspruch vom 24.03.2014 am 24.03.2014 erhalten hat.

Man kann sich zurecht fragen, warum das Jobcenter die Frist zur Zahlung des geforderten Betrags so kurz setzt, wenn die Widerspruchsfrist einen Monat beträgt. Weil der Widerspruch und die Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, brauchte meine Mandantin den geforderten Betrag vorerst nicht zu bezahlen.

Am 17.04.2014 finde ich ein Fax von meiner Mandantin: Es ist ein Schreiben des Inkasso-Service vom 14.04.2014 mit einer Aufstellung des zu erstattenden Betrags. In diesem steht, dass die am 04.04.2014 fällige Forderung nicht beglichen wurde, dadurch seien Mahngebühren entstanden. Und die Mahngebühren nach § 19 Abs. 2 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG) sind nicht gerade niedrig. Dagegen wurde am gleichen Tag Widerspruch eingelegt und diesem der Widerspruch vom 24.03.2014 und das Bestätigungsschreiben vom 14.04.2014 beigefügt, auch wurde beantragt, dass die Hinzuziehung des Bevollmächtigten für notwendig zu erklären. Am 28.04.2014 erreichte mich ein Schreiben des Inkasso-Service vom 24.04.2014. Dort hieß es: „ … auf Ihr Schreiben hin habe ich die Sachlage nochmals geprüft. Die Mahngebühren habe ich deshalb storniert. Bitte betrachten Sie mein Schreiben vom 14.04.2014 für gegenstandslos.“ Keine Entscheidung über die Kosten oder die Notwendigkeit der Hinzuziehung des Rechtsanwalts. Noch am gleichen Tag ging ein entsprechendes Schreiben von mir an den Inkasso-Service: Die Festsetzung der Gebühren ist ein Verwaltungsakt, dem Widerspruch wurde abgeholfen, also übernehmt die Kosten meiner Beauftragung (diese lagen auch unter der Mittelgebühr).

Und tatsächlich hat die Bundesagentur meine Kosten ohne zu murren übernommen. Zu meinem Erstaunen. Eigentlich ist die Rechtslage klar. Nur sieht das das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anders, wenn es um die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts geht, zuletzt im Beschluss – 10.04.2014 – L 7 AL 94/13 B. Hier hat der Inkasso-Service die beantragte Geschäftsgebühr auf die Mindestgebühr reduziert. Die Klägerin hat Klage erhoben und begehrte die Gewährung der Prozesskostenhilfe, was das Sozialgericht aus mangelnden Erfolgsaussichten versagt hat. Das Beschwerdeverfahren beim LSG hatte keinen Erfolg:

„Vielmehr ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes nicht notwendig, wenn es lediglich um die Klärung tatsächlicher Fragen geht oder aus dem angegriffenen Bescheid ersichtlich ist, dass die Entscheidung auf einem Missverständnis beruht, welches leicht aufgeklärt werden kann (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22.04.2013 – L 11 AL 145/12 B -). So verhält es sich hier. Die Klägerin bzw. ihr Prozessbevollmächtigter hätten ohne weiteres erkennen können, dass die Beklagte lediglich als Inkassostelle für das Jobcenter C. tätig geworden ist und nicht wissen konnte, dass gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid unmittelbar beim Grundsicherungsträger Widerspruch eingelegt worden war. Dieses für die Klägerin offen zutage tretende Missverständnis der Beklagten erforderte somit nicht die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes, zumal dessen Beauftragung (einschließlich der insoweit erforderlichen Besprechung über den Gegenstand der Beauftragung) mit einem höheren Aufwand verbunden gewesen sein dürfte als eine kurze schriftliche oder auch telefonische Mitteilung an die Beklagte.“

Erwartet das LSG Niedersachsen-Bremen, dass die Leistungsbezieher den § 63 SGB X kennen, wonach Widersprüche und Anfechtungsklagen aufschiebende Wirkung haben? Oder dass der Bürger seine Akte besser kennt als die Behörde, die einen Verwaltungsakt gegen ihn erlässt und so auf das „Missverständnis“ hinweisen kann? In der Rechtsbehelfsbelehrung steht zumindest kein Wort darüber, dass ein Widerspruch aufschiebende Wirkung hat.

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