Tacheles Rechtsprechungsticker KW 16/2015 | Rechtsanwalt König in Göttingen für Strafrecht Arbeitsrecht Sozialrecht Ausländerrecht Rechtsanwalt in Göttingen für Strafrecht Arbeitsrecht Sozialrecht Ausländerrecht

1. Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 18.11.2014 zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

1. 1 BSG, Urteil vom 18.11.2014 – B 4 AS 12/14 R

Grundsicherung für Arbeitsuchende – Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen – Haftungsbeschränkung zugunsten minderjähriger Kinder – Erlass von Erstattungsbescheiden nach Eintritt der Volljährigkeit

Keine Haftung junger Volljähriger nach pflichtwidrigem Verhalten ihrer Eltern beim SGB II-Bezug.

Leitsatz (Autor)

Der Rechtsgrundsatz des § 1629a Abs 1 S 1 Halbs 1 BGB gilt gleichermaßen für die auf § 50 Abs 1 S 1 SGB X beruhenden Ansprüche auf Erstattung der an einen Minderjährigen erbrachten SGB II-Leistungen gemäß den §§ 20 bis 22 SGB II und ist von Amts wegen zu beachten.

Quelle: http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=en&Datum=2014-11-18&nr=13802&pos=7&anz=13

Anmerkung: S. a. dazu Beitrag von RA Mathias Klose: http://sozialrecht-aktuell.blogspot.de/2014/11/keine-haftung-junger-volljahriger-nach.html#more

1. 2 BSG, Urteil vom 18.11.2014 – B 4 AS 9/14 R

Arbeitslosengeld II – Unterkunft und Heizung – Angemessenheitsprüfung – Einpersonenhaushalt in Dresden – Anforderungen an ein schlüssiges Konzept des Grundsicherungsträgers

Leitsatz (Autor)

Methodik des IWU zur Ermittlung der zulässigen Wohnkosten vom Bundessozialgericht als „schlüssiges Konzept“ bestätigt.

Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=177026&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

2. Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 17.02.2015 zum Kinderzuschlag

2. 1 BSG, Urteil vom 17.2.2015, B 14 KG 1/14 R

Kinderzuschlag nach § 6a BKGG 1996 – Einkommens- bzw Vermögensberücksichtigung – Erbschaft – Verwertbarkeit – Dauertestamentsvollstreckung

Leitsatz ( Autor )
Sowohl eine Berücksichtigung des Erbes als Einkommen als auch eine als Vermögen setzt voraus, dass das Erbe als bereite Mittel durch die Antragstellerin verwertbar ist.

Quelle: http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=en&Datum=2015&nr=13801&pos=1&anz=2

3. Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 18.11.2014 zur Sozialhilfe ( SGB XII )

3. 1 BSG, Urteil vom 18.11.2014 – B 8 SO 9/13 R

Sozialhilfe – Nothilfe – Vorliegen eines Eilfalls – Erstattung der Aufwendungen im gebotenen Umfang – Krankenhilfe – Anwendbarkeit der Vergütungsregelungen der GKV – Vergütung der Krankenhausleistungen durch Fallpauschalen – Begrenzung des Erstattungsanspruchs durch Kenntnis des Sozialhilfeträgers vom Hilfefall – tagesbezogene anteilige Vergütung

Leitsätze ( Autor )
Zum Nothelferanspruch eines Krankenhauses.

Quelle: http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=en&Datum=2014-11-18&nr=13807&pos=12&anz=13

4. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

4. 1 Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 19.03.2015 – L 4 AS 12/14 – Die Revision wird zugelassen.

Rechtliche Behandlung zur Anrechnung von Betriebskostenguthaben nach § 22 Abs. 3 SGB II.

Leitsätze ( Autor)
1. Guthaben nach § 22 Abs. 3 SGB II dürfen vom Grundsicherungsträger dann nicht angerechnet werden, wenn der Betroffene im Monat der Rückzahlung noch gar nicht Leistungsempfänger nach dem SGB II gewesen ist.

2. Man würde ihn nämlich so dem Regime dieses Gesetzes unterwerfen und entsprechende Vermögensdispositionen von ihm verlangen, obwohl eine solche Notwendigkeit noch gar nicht feststeht.

3. § 22 Abs. 3 SGB II ist als bloße Anrechnungsregelung zu verstehen, die den kommunalen Träger durch Zuweisung der Rückzahlung auf die von ihm aufgebrachten Kosten von Unterkunft und Heizung entlasten soll. Diese systeminterne Abgrenzung von Agentur für Arbeit einerseits und kommunalem Träger andererseits geht jedoch ins Leere, wenn im Zuflussmonat kein Leistungsbezug nach dem SGB II besteht.

Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=177048&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

4. 2 Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.12.2014 – L 3 AS 505/13

Arbeitslosen sind zwei Bewerbungen pro Woche zumutbar.

Leitsätze ( Autor )
1. Die in einer Eingliederungsvereinbarung geregelte Pflicht zur Vornahme von zwei Bewerbungen pro Woche ist einem Arbeitslosen grundsätzlich zumutbar.

2. Eine Minderung des Arbeitslosengeldes II wegen eines Verstoßes gegen die Eingliederungsvereinbarung (Sanktion) sei nur dann nicht rechtmäßig, wenn der Arbeitslose nachweisen könne, dass er seiner Pflicht nicht nachkommen konnte, weil nicht genug Stellenangebote vorhanden waren.

3. Vom Antragsteller wurde nicht nachgewiesen, dass die Pflege der Mutter zwei Bewerbungen pro Woche ausgeschlossen hätte. Schließlich habe der Antragsteller auch nicht beweisen können, dass ihm wegen fehlender Stellenangebote nicht mehr Bewerbungen möglich waren.

Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=175910&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

Anmerkung: S. a. Pressemitteilung des LSG Mainz Nr. 7/2015 v. 15.04.2015: http://www.mjv.rlp.de/icc/justiz/nav/a0b/broker.jsp?uMen=a0bc3768-b0b2-11d4-a737-0050045687ab&uCon=2d439ca6-37bb-c416-a452-da377fe9e30b&uTem=aaaaaaaa-aaaa-aaaa-aaaa-000000000042

4. 3 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.03.2015 – L 19 AS 2347/14 B ER / L 19 AS 2348/14 B – rechtskräftig

Einstweiliger Rechtsschutz – Arbeitslosengeld II – Unterkunftskosten – vorherige Zusicherung für neue Unterkunft – fehlender Anordnungsgrund

Leitsätze ( Autor )
1. Mit der anderweitigen Vermietung dieser Wohnung ist das Rechtsschutzbedürfnis der Antragsteller entfallen. Ein Rechtsschutzinteresse ist zu verneinen, wenn die weitere Rechtsverfolgung einem Antragsteller keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile mehr bringen, das Rechtsschutzziel also nicht mehr erreicht werden kann (BSG Urteil vom 06.04.2011 – B 4 AS 5/10 R). Eine Zusicherung zu den Unterkunftskosten für eine konkrete Wohnung, die die Antragsteller wegen anderweitiger Vermietung nicht mehr beziehen können, bringt für die Antragsteller keinerlei Vorteil mehr.

2. Die Voraussetzungen für eine Elementenfeststellungsklage, wenn eine solche Klage für möglich gehalten wird, liegen nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Fall der Feststellung der Erforderlichkeit eines Umzugs i.S.v. § 22 Abs. 4 SGB II nicht vor (vgl. zur Vorgängerregelung des § 22 Abs. 2 SGB II a.F. BSG Urteil vom 22.11.2011 – B 4 AS 219/10 R – und vom 06.04.2011 – B 4 AS 5/10 R; LSG NRW Beschluss vom 06.10.2014 – L 19 AS 1098/14; siehe auch BSG Urteil vom 17.12.2014 – B 8 SO 15/13 R).

3. Ein Anspruch eines Leistungsempfängers auf isolierte Feststellung der Erforderlichkeit eines Umzugs ohne Prüfung der Angemessenheit der künftigen Wohnung sieht das Gesetz nicht vor. Eine vorzeitige und unabhängig von den Aufwendungen für die neue Unterkunft erfolgende Bindung des Grundsicherungsträgers allein bezogen auf das Tatbestandsmerkmal der „Erforderlichkeit“ i.S. des § 22 Abs. 4 SGB II soll nicht möglich sein (BSG Urteil vom 06.04.2011 – B 4 AS 5/10 R).

Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=177094&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

4. 4 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.03.2015 – L 19 AS 116/15 B ER – rechtskräftig

Bulgarischer Antragsteller hat Anspruch auf den Regelbedarf für Partner entsprechend § 20 Abs. 4 SGB II.

Leitsätze ( Autor )
1. Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteile vom 05.05.2014 – L 19 AS 430/13 (Revision anhängig B 14 AS 33/14 R) und vom 10.10.2013 – L 19 AS 129/13 (Revision anhängig B 4 AS 64/13 R); Beschlüsse vom 22.08.2013 – L 19 AS 766/13 B ER – und vom 19.07.2013 – L 19 AS 942/13 B ER) findet der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II auf Unionsbürger ohne materielles Aufenthaltsrecht vor einer Verlustfeststellung nach §§ 2 Abs.7, 5 Abs. 4, 6 FreizügG/EU keine Anwendung.

2. Nicht gefolgt wird der Auffassung, dass die Vorschrift des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II im Wege teleologischer Auslegung neben Unionsbürgern mit einem Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche auch Unionsbürger ohne materielles Aufenthaltsrecht erfasst (LSG Sachsen-Anhalt Beschluss vom 04.02.2015 – L 2 AS 14/15 B ER; LSG NRW Beschlüsse vom 04.02.2015 – L 2 AS 2224/14 B ER ).
3. Auch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Dano – C-333/13 stützt nicht eine erweiternde Auslegung des Leistungsausschlusses.

4. Der Leistungsträger kann seine finanziellen Belange durch die Anmeldung eines Erstattungsanspruchs nach §§ 102 ff. SGB X beim örtlichen Sozialhilfeträger wahren kann. Denn bei einem Eingreifen des Leistungsausschlusses des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II kommt ein Anspruch des Antragstellers auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII in Betracht. § 21 S. 1 SGB XII greift bei Hilfebedürftigen, die von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sind, nicht ein (Beschlüsse des Senats vom 29.06.2012 – L 19 AS 973/12 B ER m.w.N. und 02.10.2012 – L 19 AS 1393/12 B ER m.w.N.; LSG Hamburg Beschluss vom 01.12.2014 – L 4 AS 444/14 B ER m.w.N.; LSG Niedersachen-Bremen Beschluss vom 23.05.2014 – L 8 SO 129/14 B ER mit Zusammenfassung des Meinungstandes in Rechtsprechung und Literatur; so wohl auch BSG Urteil vom 12.12.2013 – B 8 SO 24/12 R, siehe auch BSG, Urteil vom 16.05.2011 – B 4 AS 105/11 R; ablehnend LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 10.12.2014 – L 20 AS 2697/14 B ER ).

Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=177093&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

4. 5 Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 26.02.2015 – L 7 AS 856/14

Fortsetzung des Verfahrens – Ein Vergleich beendet das Sozialgerichtsverfahren, ein Beitrag von RA Mathias Klose.

Quelle: http://www.ra-klose.com/html/aktuelles_sozialrecht.html

4. 6 Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 04.12.2014 – L 3 AS 430/12

Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts bzw Aufhebung eines Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse – Anhörung – Nichterkennbarkeit der Rechtsgrundlage – fehlende Mitteilung einer vor Erlass des Bewilligungsbescheides eingetretenen Änderung – Nichterweislichkeit des Zugangs einer Änderungsmitteilung – Beweislastentscheidung

Leitsatz ( Autor )

Beruft sich der Betroffene darauf, seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen zu sein, z.B. eine Mitteilung über geänderte Tatsachen abgegeben zu haben ( hier Zufluss von Einkommen ), trägt er die objektive Beweislast des Zugangs der entsprechenden Mitteilung bei der Behörde.

Quelle: http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=LSG%20Sachsen&Datum=04.12.2014&Aktenzeichen=L%203%20AS%20430/12

Anmerkung: Vgl. zur objektiven Beweislast bezüglich des Zugangs eines Antrages: Sächs. LSG, Urteil vom 21. Juni 2012 – L 3 AS 607/11

5. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

5. 1 Sozialgericht Magdeburg, Beschluss vom 08.04.2015 – S 14 AS 766/15 ER

Leitsätze RA Michael Loewy
1. Es bestehen Zweifel an der Rechtsmäßigkeit der Vergleichsraumbildung (insbesondere in Bezug auf die vergleichbare verkehrstechnische Erschlossenheit) des Konzeptes des Landkreis Harzes bezüglich der Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten im Sinne des § 22 SGB II.

2. Im Rahmen der Folgenabwägung sind die angemessenen Unterkunftskosten im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes anhand von § 12 WoGG zu bestimmen, der mit einem Sicherheitszuschlag in Höhe von 10 Prozent zu versehen ist. [noch nicht rechtskräftig].

Quelle und Volltext des Beschlusses: http://anwaltskanzlei-loewy.de/urteile/

5. 2 SG Frankfurt/Oder, Beschluss vom 07.04.2015 – S 25 AS 2705/14 ER

Grundsicherung für Arbeitsuchende – Einstweiliger Rechtsschutz – Inanspruchnahme vorrangiger Leistungen – Aufforderung zur Beantragung einer vorzeitigen Altersrente – Anforderungen an die Ermessensausübung –

Leitsätze RA Kay Füßlein
1.Die Behörde ist verpflichtet, neben den Vorschriften der Unbilligkeitsverordnung auch zu prüfen, welche wirtschaftlichen Auswirkungen der Rentenbezug hat.

2. Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gebietet es, dem Antragsgegner (=JobCenter) aufzugeben, den Antrag zurückzunehmen.

Quelle: http://www.ra-fuesslein.de/wordpress/wp-content/uploads/2015/04/S25AS2705_14ER.pdf

Anmerkung 1: S. dazu Beitrag des RA Kay Füßlein – Abermals: Der gescheiterte Zwangsrentenantrag- Beschluss des SG Frankfurt/Oder vom 07.04.2015 – S 25 AS 2705/14 ER: http://www.ra-fuesslein.de/wordpress/

Anmerkung 2: im Ergebnis ebenso – LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10.12.2014 – L 2 AS 520/14 B ER – Prüft das Jobcenter bei der Aufforderung an einen Leistungsberechtigten, vorzeitig einen Rentenantrag zu stellen, nicht, wie sich diese Antragstellung wirtschaftlich für diesen auswirkt, ist dies ermessensfehlerhaft.

Anmerkung 3: Die Rechtsfrage zur Zulässigkeit einer Aufforderung des Grundsicherungsträgers an den Leistungsberechtigten nach § 5 Abs 3 S 1 SGB 2 iVm § 12a S 1 SGB 2, eine vorzeitige Altersrente zu beantragen, ist beim BSG anhängig unter dem Az. B 14 AS 3/15 R.

5. 3 SG Heilbronn, Beschluss vom 18.02.2015 – S 10 AS 3035/13

Geringfügig beschäftigte polnische Arbeitnehmerin hat Anspruch auf aufstockende Hartz IV-Leistungen.

Leitsatz ( Autor )
Auch unter Berücksichtigung des geringen Arbeitsumfangs von rund drei Stunden wöchentlich sei die seinerzeitige Tätigkeit als Reinigungskraft nicht als völlig untergeordnet oder unwesentlich anzusehen.

Quelle: http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=SG%20Heilbronn&Datum=2015-02-18&Aktenzeichen=S%2010%20AS%203035/13

Anmerkung: Vgl. LSG NSB, Beschluss vom 24.07.2014 – L 15 AS 202/14 B ER – Es gibt keine starre Grenze in Bezug auf Einkommen oder Arbeitszeit oberhalb derer die Arbeitnehmereigenschaft (§ 2 Abs 2 Nr 1 FreizügG/EU) bejaht werden muss.

5. 4 Sozialgericht Dortmund, Beschluss vom 08.04.2015 – S 35 AS 594/15 ER

Die Rechtmäßigkeit eines zugrundeliegenden Eingliederungsverwaltungsaktes ist Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer Sanktion aufgrund einer Pflichtverletzung gemäß § 31 Abs.1 SGB II, solange der Eingliederungsverwaltungsakts nicht bestandskräftig ist – Verkürzung der Sanktion auf sechs Wochen gemäß § 31 b Abs.1 Satz 3 SGB II – Inzidentprüfung

Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Minderung des Arbeitslosengeldes II wegen der Weigerung der Erfüllung einer Pflicht aus einem Eingliederungsverwaltungsakt ist dessen Rechtmäßigkeit inzident zu prüfen.

Leitsätze ( Autor )
1. Die bloße Wirksamkeit beziehungsweise Vollziehbarkeit eines Eingliederungsverwaltungaktes steht der inzidenten Prüfung seiner Rechtmäßigkeit im Rahmen der Rechtmäßigkeitsprüfung einer Sanktion nicht entgegen (a. A. SG Berlin, Urteil vom 09.07.2014 – S 205 AS 30970/13 – anhängig LSG Berlin unter dem Az. L 26 AS 1921/14 ).

2. Die durchzuführende Inzidentprüfung führt zu dem Ergebnis, dass der Eingliederungsverwaltungsakt rechtswidrig war.

3. Die Berechtigung, einen Eingliederungsverwaltungsakt zu erlassen, besteht grundsätzlich erst, wenn zuvor Verhandlungen zumindest angeboten oder ohne Ergebnis geführt worden sind. Ein die Eingliederungsvereinbarung ersetzender Verwaltungsakt ohne jede vorausgehende Verhandlung ist bereits aus diesem Grund rechtswidrig.

4. Ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des in Rede stehenden Sanktionsbescheides selbst ergeben sich darüber hinaus aus den Ausführungen des Jobcenters zur Möglichkeit einer Verkürzung der Sanktion auf sechs Wochen gemäß § 31 b Abs.1 Satz 3 SGB II. Ein entsprechender Ermessensnicht- oder -fehlgebrauch führt zur Rechtswidrigkeit der Sanktion im Ganzen.

5. Die Ausführungen des JC, dass eine Verkürzung des Sanktionszeitraums nicht in Betracht komme, weil die Antragstellerin umfassend über die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung informiert worden sei, sind aber ermessensfehlerhaft. Das Jobcenter verkennt in diesem Zusammenhang nämlich, dass gemäß § 31 Abs.1 Satz 1 SGB II eine hinreichende Rechtsfolgenbelehrung nicht nur Voraussetzung für eine dreimonatige Sanktion, sondern für jede Sanktion gemäß den §§ 31 ff. SGB II ist.

Quelle: http://www.justiz.nrw.de/nrwe/sgs/sg_dortmund/j2015/NRWE_S_35_AS_594_15_ER.html

5. 5 SG Dortmund, Urteil vom 20.03.2015 – S 37 AS 5496/11

Grundsicherung nach dem SGB II – Mitwirkungsobliegenheit nach § 60 Abs. 1 S. 1 SGB I – § 65 SGB I – selbstständige Tätigkeit – Nachweis der Hilfebedürftigkeit bei der Bewilligung von Leistungen des SGB 2

Vertritt der Antragsteller die Auffassung, keine Auskünfte über die Einkommens- und Ausgabeverhältnisse seiner Firma machen zu müssen, ist nicht zu klären, in welcher Höhe der Antragsteller Einkommen aus seiner selbstständigen Tätigkeit erzielt. Somit ist auch die Hilfebedürftigkeit nicht festzustellen.

Leitsatz ( Autor )
1. Ein selbständig tätiger Antragsteller ist bei der Beantragung von Leistungen nach dem SGB II verpflichtet, Angaben zum Einkommen zu machen ( BSG, Urteil vom 28.3.2013, B 4 AS 42/12 R ).

2. Ist das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen der Bedürftigkeit nicht nachgewiesen, so geht dies zu Lasten des Antragstellers ( vgl. LSG NRW, Urteil v. 12.03.2008 – L 12 AS 70/06 ).

5. 6 SG Dortmund, Urteil vom 20.03.2015 – S 37 AS 3425/13

Versagung von Leistungen nach § 66 SGB I – Mitwirkungsobliegenheit nach § 60 Abs. 1 S. 1 SGB I – § 65 SGB I – selbstständige Tätigkeit

Das Jobcenter kann die Leistungen versagen, wenn der Antragsteller die erforderlichen Unterlagen zur Feststellung seiner Hilfebedürftigkeit nicht vorlegt. Die Mitwirkungspflicht des § 60 SGB I bezweckt die Informationsbeschaffung des Leistungsträgers.

Leitsatz Autor)
Ein selbstständig tätiger Antragsteller ist bei der Beantragung von Leistungen nach dem SGB 2 im Rahmen seiner Mitwirkungsobliegenheiten gehalten, Angaben zum voraussichtlichen Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit zu machen.

Anmerkung: ebenso im Ergebnis LSG NRW, Beschluss vom 19.02.2015 – L 7 AS 234/14 B und Beschl. v. 11.02.2015 – L 7 AS 312/14 B – Fordert das Jobcenter den Antragsteller auf, eine Aufstellung der tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben für einen bestimmten Zeitraum sowie diesbezüglich Nachweise vorzulegen, so ist diese Aufforderung, die den Vorgaben des § 3 Alg II-V zur Berechnung der Leistungen Selbständiger entspricht, vom Amtsermittlungsgrundsatz gedeckt (vgl. auch § 21 Abs. 1 Satz 1 SGB X) und der Leistungsempfänger aufgrund seiner Mitwirkungsobliegenheit nach § 60 Abs. 1 S. 1 SGB I dazu verpflichtet, dieser Aufforderung nachzukommen.

6. Entscheidungen der Sozialgerichte zum Arbeitsförderungsrecht ( SGB III )

6. 1 SG Karlsruhe, Urteil vom 31.03.2015 – S 17 AL 3360/14

Einer ledigen Arbeitslosen im Alter von 29 Jahren sind drei Bewerbungen pro Woche als Verkäuferin zumutbar und möglich.

Leitsätze ( Autor )
Eine Bewerbung innerhalb von drei Kalendertagen, sowie die Mitteilung über das Ergebnis der Bewerbung innerhalb von vier Wochen ist möglich und zumutbar.

Quelle: http://www.sozialgericht-karlsruhe.de/pb/,Lde/Einer+ledigen+Arbeitslosen+im+Alter+von+29+Jahren+sind+drei+Bewerbungen+pro+Woche+als+Verkaeuferin+zumutbar+und+moeglich/?LISTPAGE=2290388

7. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)

7. 1 LSG Nsd.-Bremen, Beschluss vom 14.04.2015 – L 8 SO 54/15 B ER

Kroatische EU-Bürger – Sozialhilfe – Folgenabwägung

Leitsatz Rechtsanwälte Beier & Beier
EU Ausländer ohne Arbeitserlaubnis EU erhalten vorläufig Leistungen nach dem SGB XII in ungekürzter Höhe.

Quelle: Rechtsanwälte Beier & Beier, Gröpelinger Heerstraße 387, 28239 Bremen: http://www.kanzleibeier.eu/lsg-nsd-bremen-eu-auslaender-ohne-arbeitserlaubnis-eu-erhalten-vorlaeufig-leistungen-nach-dem-sgb-xii-in-ungekuerzter-hoehe/

8. Termintipp Nr. 7/15 vom 17. April 2015

Automatisierter Datenabgleich zur Ermittlung von Kapitalerträgen verfassungswidrig?

Der 4. Senat des Bundessozialgerichts wird aufgrund mündlicher Verhandlung am Freitag, dem 24. April 2015, um 12.00 Uhr im Elisabeth-Selbert-Saal in einem Revisionsverfahren zu entschei-den haben, ob der automatisierte Datenabgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern nach § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II zulässig ist.

weiterlesen: http://www.bsg.bund.de/DE/03_Presse/01_Termin_Tipp/Termin_Tipp_Texte/7_15.html?nn=3461722

Anmerkung: Vorinstanz LSG NRW, Urteil vom 08.05.2014 – L 6 AS 22/14 – Antragsteller hat keinen Anspruch gegen den Grundsicherungsträger, den Datenabgleich gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 3 SGB II zu unterlassen.

Mit dem automatisierten Datenabgleich wird zwar in das durch Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen. Dieser Eingriff auf der Grundlage und nach Maßgabe des § 52 Abs. 1 Nr. 3 SGB II begegnet aber keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.

Anmerkung: gleicher Auffassung: LSG NRW, Beschluss vom 28.03.2013 – L 7 AS 370/13 B ER – und Beschluss vom 25.03.2010 – L 20 AS 39/08 – .

Autor des Rechtsprechungstickers: Willi 2 von Tacheles – alias Detlef Brock
Quelle „Tacheles-Rechtsprechungsticker, http://www.tacheles-sozialhilfe.de