Tacheles Rechtsprechungsticker KW 08/2015 | Rechtsanwalt König in Göttingen für Strafrecht Arbeitsrecht Sozialrecht Ausländerrecht Rechtsanwalt in Göttingen für Strafrecht Arbeitsrecht Sozialrecht Ausländerrecht

1. Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 17.02.2015 zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

1. 1 BSG, Urteil vom 17.02.2015 – B 14 AS 25/14 R

Vom Leistungsausschluss erfasst sind behinderte ebenso wie nicht behinderte Menschen, die eine im Sinne des § 7 Abs 5 SGB II abstrakt förderungsfähige Ausbildung absolvieren. Zu diesen Ausbildungen gehört auch eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme nach § 51 SGB III.

Leitsatz ( Autor)
Auszubildenden, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben von der Bundesagentur für Arbeit in Gestalt einer dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung erbracht werden, sind von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgeschlossen ( BSG Urteil vom 6.8.2014 – B 4 AS 55/13 R ).

Quelle: http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=tm&Datum=2015&nr=13738

1. 2 BSG, Urteil vom 17.02.2015 – B 14 AS 1/14 R

Einkommensberücksichtigung – Erwerbseinkommen und Arbeitslosengeldbezug – Absetzung des Grundfreibetrages in Höhe von 100 Euro nur vom Erwerbseinkommen

Keine Absetzung des Grundfreibetrages nach § 11 Abs 2 Satz 2 SGB II aF (nunmehr § 11b Abs 2 Satz 2 SGB II) beim Arbeitslosengeld 1.

Leitsatz ( Autor)
1. Keine Absetzung des Grundfreibetrages nach § 11 Abs 2 Satz 2 SGB II aF (nunmehr § 11b Abs 2 Satz 2 SGB II) beim Arbeitslosengeld 1.

2. Die Absetzung des Grundfreibetrags kommt nur bei Erwerbseinkommen in Betracht und eine Übertragung eines nicht „verbrauchten“ Rests auf andere Einkommensarten ist nicht zulässig ( BSG, Urteil vom 5.6.2014 – B 4 AS 49/13 R).

Quelle: http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=tm&Datum=2015&nr=13738

2. Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 28.10..2014 zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

2. 1 BSG, Urteil vom 28.10.2014 – B 14 AS 36/13 R

Grundsicherung für Arbeitsuchende – Einkommens- oder Vermögensberücksichtigung – Zufluss von Überbrückungsgeld nach Haftentlassung vor Antragstellung – Rückwirkung des Antrags auf den Ersten des Monats – Berücksichtigung der Zweckbestimmung des § 51 Abs 1 StVollzG

Leitsätze ( Autor)

1. § 37 Abs 2 Satz 2 SGB II in der seit dem 1.4.2011 geltenden Fassung bewirkt, dass ein Alg II-Antrag grundsätzlich auf den Monatsersten des betreffenden Monats zurückwirkt und die in diesem Monat anfallenden Einnahmen auch vor Antragstellung nicht als Vermögen, sondern als Einkommen anzusehen sind.

2. Die als Einkommen zu berücksichtigende einmalige Einnahme Überbrückungsgeld nach § 51 Abs 1 StVollzG soll den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern und unterliegt damit einer öffentlich-rechtlichen Zweckbestimmung (§ 11a Abs 3 Satz 1 SGB II).

Quelle: http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=en&Datum=2014&nr=13741&pos=20&anz=210

3. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

3. 1 LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 22. Januar 2015 (Az.: L 6 AS 214/14 B ER):

Leitsätze Dr. Manfred Hammel:
1. Ob eine eheähnliche Lebensgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3c / Abs. 3a SGB II besteht, lässt sich nur anhand von Indizien wie die Dauer des Zusammenlebens, die Versorgung gemeinsamer Kinder und Angehöriger sowie die Befugnis, über das Einkommen und die Vermögensgegenstände des jeweiligen Partners zu verfügen, feststellen.

2. Bei dem Kriterium der Partnerschaft und des Zusammenlebens in einem gemeinsamen Haushalt handelt es sich um objektive Tatbestandsvoraussetzungen, die kumulativ zur subjektiven Voraussetzung des Einstehens- und Verantwortungswillens vorliegen müssen.

3. Einem Zusammenleben im Rechtssinne stehen eine formal strikt getrennte Kontoführung, eine pauschalisierte Einzelabrechnung bei Einkäufen sowie die Eigenständigkeit bei wirtschaftlichen und finanziellen Angelegenheiten nicht entgegen. In entsprechender Weise leben auch Ehepaare häufig zusammen.

4. Bezogen auf die Konstellation eines nicht gemeinsamen, minderjährigen Kindes in eheähnlichen Gemeinschaften hat von einem Jobcenter bei einer möglichen Gefährdung des Existenzminimums dieses Kindes gerade bei besonderen, wirtschaftlich erdrückenden, finanziellen Beeinträchtigungen des ein Einkommen beziehenden, neuen Partners der Kindsmutter eine Ausnahmeregelung von der fiktiven Einkommensanrechnung (§ 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II) geprüft zu werden. Dies gilt gerade dann, wenn dieser neue Partner aufgrund seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse selbst hilfebedürftig wäre, wenn er als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft einen Antrag auf Arbeitslosengeld II (§§ 19 ff. SGB II) stellen würde.

3. 2 Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.01.2015 – L 4 AS 969/13 NZB

Die Nahtlosigkeitsregelung – Weiterleistungspflicht des § 2 Abs. 3 Satz 1 SGB X ist auf Umzüge von SGB II-Leistungsberechtigten und damit verbundene Zuständigkeitswechsel nicht anwendbar.

Leitsatz ( Autor)
1. Führt ein Umzug nicht nur zu einem behördlichen Zuständigkeitswechsel, sondern auch zu einem Wegfall des Leistungsanspruchs, kann dies nicht über § 2 Abs. 3 Satz 1 SGB X ausgehebelt werden. § 2 Abs. 3 SGB X ist lediglich eine örtliche Zuständigkeitsregelung.

2. Zieht der SGB II-Leistungsempfänger aus seiner Wohnung im Zuständigkeitsbereich des Jobcenters aus, verliert er damit automatisch seinen KdU-Anspruch für diese nicht mehr genutzte Wohnung nach dem § 22 SGB II.

Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=175090&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

Anmerkung: Vgl. dazu Beitrag von RA Kay Füßlein zu SG Berlin, Beschluss vom 11.09.2014 – S147 AS 20920/14 – Keine Einstellung der Leistung beim Wechsel der örtlichen Zuständigkeit.

3. 3 Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 04.02.2015 – L 2 AS 14/15 B ER – rechtskräftig

Tschechische Staatsangehörige hat keinen Anspruch auf ALG II.

Leitsatz ( Autor)
1. Entscheidend für den Ausschluss von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ist, dass es sich um eine Person handelt, die als Arbeitsuchende oder Arbeitsuchender Leistungen nach dem SGB II beantragt und bei der nicht ersichtlich ist, dass sich die das Aufenthaltsrecht vermittelnde Freizügigkeitsberechtigung aus anderen Gründen ergeben könnte, als aus § 2 Abs.1 Ziffer 1a FreizügG/EU (im Ergebnis ebenso LSG Hamburg, Beschluss vom 1. Dezember 2014 – L 4 AS 444/14 B ER; mit der Annahme einer ungeschriebenen Tatbestandsvoraussetzung: LSG Hessen, Beschluss vom 11. Dezember 2014 – L 7 AS 528/14 B ER; a. A. der 19. Senat des LSG NRW, Beschluss vom 5. Mai 2014 – L 19 AS 430/13 ).

2. Die Antragstellerin kann zur Deckung ihres menschenwürdigen Existenzminimums auch nicht auf Leistungen nach dem SGB XII zurückgreifen, denn nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII ist ein Anspruch für die Gruppe gleichermaßen ausgeschlossen, wenn es dort heißt: „Ausländer, die eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen oder deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen haben keinen Anspruch auf Sozialhilfe.“

Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=175616&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

3. 4 Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 04.02.2015 – L 4 AS 394/13

Grundsicherung für Arbeitsuchende – Einkommensberücksichtigung – Absetzbeträge – mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgaben – Weiterbildungs- und Fortbildungskosten

Fortbildungskosten zur Osteopathin – Keine Berücksichtigung von erhöhten Werbungskosten im Rahmen der Einkommensbereinigung nach § 11 b Abs. 1 Nr. 5 SGB II

Leitsätze (Autor)
1. Im Einzelfall können auch Weiter- und Fortbildungskosten notwendige Ausgaben im Sinne von § 11 b Abs. 1 Nr. 5 SGB II sein (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27. 2.2014 – L 12 AS 4836/12).

2. Maßgeblich für die Frage der Notwendigkeit der Ausbildungskosten ist dann deren Verknüpfung mit der während und im Rahmen der Ausbildung erfolgenden Tätigkeit und dem daraus erzielten Einkommen.

3. Einen solchen Zusammenhang hat die Antragstellerin lediglich behauptet.

4. Es kam für den geltend gemachte Bedarf grundsätzlich ein Anspruch auf Leistungen nach § 16 Abs. 1 S. 2 SGB II in Betracht, über die nicht zu entscheiden war. Eine Berücksichtigung der fraglichen Kosten im Rahmen der Einkommensermittlung widerspricht diesem System, welches gerade auch eine Überwachung der öffentlich geförderten Eingliederungsleistungen ermöglichen soll (vgl. auch § 27 SGB II). Bei einer leistungserhöhenden Anrechnung der aufzuwendenden Kosten ergäbe sich ein Wertungswiderspruch zu den Zwecken des arbeitsmarktbezogenen Leistungssystems des SGB II. Denn es wäre ihr im Ergebnis erlaubt, die besonderen dem Ausbildungsinteresse geschuldeten Bedarfe indirekt über eine Einkommensabsetzung zu decken.

Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=175664&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

3. 5 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.02.2015 – L 12 AS 47/15 B ER – rechtskräftig

Dass Mietrückstände aufgelaufen wären oder der Vermieter die Kündigung des Mietverhältnisses ausgesprochen hätte, reicht nicht für einen Anordnungsgrund, soweit die Gewährung von Kosten der Unterkunft und Heizung im Wege der einstweiligen Anordnung begehrt wird.

Leitsätze (Autor)
1. In einem solchen Fall fehlt es am erforderlichen Anordnungsgrund in Gestalt eines unaufschiebbaren eiligen Regelungsbedürfnisses zur Bewilligung von Kosten der Unterkunft bzw. Übernahme von Mietschulden durch Erlass einer einstweiligen Anordnung, weil gegenwärtig weder Wohnungs- noch Obdachlosigkeit droht.

2. Der Senat hält an diesem Obersatz auch angesichts der in diesem Punkt geänderten Rechtsprechung des 6. Senats des LSG NRW (vgl. LSG NRW 6. Senat, Beschluss vom 29.01.2015 – L 6 AS 2085/14 B ER -) fest, wobei darauf hingewiesen wird, dass in eng begrenzten Ausnahmefällen auch nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats ein Abwarten der Räumungsklage als nicht zumutbar angesehen wird.

3. Dies mag z.B. dann der Fall sein, wenn der Leistungsempfänger die Heilungsmöglichkeit nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB bereits einmal genutzt hat und die weitere fristlose Kündigung unmittelbar droht, die Wohnung auch im Übrigen schützenswert erscheint und eine nachträgliche Zahlung ein geeignetes Mittel darstellt, den Wohnungsverlust abzuwenden.

Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=175628&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

Anmerkung: a. A. LSG NRW, Beschluss vom 29.01.2015 – L 6 AS 2085/14 B ER – und – L 6 AS 2086/14 B – rechtskräftig – wonach ein Abwarten der Räumungsklage als nicht zumutbar angesehen wird >>> http://tacheles-sozialhilfe.de/startseite/aktuelles/d/n/1783/

3. 6 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.02.2015 – L 6 AS 127/15 B ER – rechtskräftig

Bulgarischer Staatsbürger hat Anspruch auf vorläufige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.

Leitsätze (Autor)
1. Dem Antragsteller stehen die beantragten vorläufigen Leistungen nach § 328 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB III zu (im Ergebnis ebenso LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 27.05. 2014 – L 34 AS 1150/14 B ER ).

2. Aufgrund der schon bestehenden Obdachlosigkeit des Antragstellers und der Bewährungsauflagen ist die vorläufige Übernahme der Kosten der Unterkunft hier dringend erforderlich. Die drohende Gefahr der Inhaftierung ist ein wesentlicher Nachteil, der ein Zuwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar erscheinen lässt.

Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=175624&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

Anmerkung: ähnlich im Ergebnis für österreichischen Staatsbürger – LSG NRW, Beschluss vom 29.01.2015 – L 6 AS 2085/14 B ER – und – L 6 AS 2086/14 B,  siehe dazu auch LSG NRW: Fristlose Wohnungskündigung löst Anordnungsgrund aus und vorläufige Leistungen bei EU-Bürgern, ein Beitrag von Lars Johann, Rechtsanwalt aus Wuppertal: http://tacheles-sozialhilfe.de/startseite/aktuelles/d/n/1783/

3. 7 Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13.02.2015 – L 25 AS 38/15 B ER rechtskräftig

Einstweiliger Rechtsschutz – einstweilige Anordnung – Leistungsausschluss von EU-Ausländern – Arbeitsuche – Unionsbürger ohne materielles Aufenthaltsrecht – Folgenabwägung

Polnische Staatsangehörige hat Anspruch auf ALG II im Rahmen der Folgenabwägung.

Leitsatz (Autor)
Trotz aktueller EuGH-Entscheidung weiterhin einstweiliger Rechtsschutz für arbeitsuchende EU-Zuwanderer.

Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=175579&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

4. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

4. 1 SG Berlin, Beschluss vom 19.01.2015 – S 142 AS 24179/14 ER

Bildungsgutschein – Geltungsdauer der EGV unter sechs Monaten – fehlendes Ermessen – Zeitablauf der Eingliederungsvereinbarung – aufschiebende Wirkung

Leitsätze (RA Kay Füßlein )
1. Das Abweichen von der Regelgeltungsdauer einer Eingliederungsvereinbarung von sechs Monaten bedarf einer Ermessensentscheidung nach § 15 SGB II. Diese Ermessensentscheidung ist im Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt mitzuteilen. Ein Nachschieben von Ermessensgründen kommt nicht in Betracht, wenn dieses Ermessen gar nicht ausgeübt oder erkannt worden ist.

2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung erledigt sich nicht durch Zeitablauf der Eingliederungsvereinbarung (str. aA. z.B. LSG Bayern, Beschluss vom 14.11.2011 – L 7 AS 693/11; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 04.10.2012 – L 5 AS 354/09).

Quelle: http://www.ra-fuesslein.de/wordpress/wp-content/uploads/2015/02/S142AS24719_14ER.pdf

Anmerkung: S. a. dazu Beitrag von RA Kay Füßlein: Kein Zwang zum Glück: http://www.ra-fuesslein.de/wordpress/?p=692

4. 2 SG Bremen, Beschluss vom 16.02.2015 – S 21 AS 151/15 ER

Leitsatz (Sozietät Beier & Beier )
SGB II Leistungen für Schwangere EU-Bürgerin, die mit dem EU Bürger mit Aufenthaltsrecht und Vater des Kindes in Bedarfsgemeinschaft lebt.

Quelle: http://www.kanzleibeier.eu/?p=3078

4. 3 SG Duisburg, Beschluss vom 13.02.2015 – S 45 AS 768/14 – unveröffentlicht

Leitsatz (RA Jan Häußler, Essen )
Hebt das Jobcenter einen Bescheid nach § 48 SGB X auf, muss es auch den rechtmäßigen Zustand herbeiführen und nicht lediglich eine rechtlich nachteilige Änderung berücksichtigen.

[Der Sachverhalt]

Das Jobcenter hatte einen Bescheid aufgehoben, da nachträglich Einkommen erzielt wurde. Mit dem hiergegen gerichteten Widerspruch machte der Kläger geltend, dass ursprünglich zu Unrecht ein Mehrbedarf nicht berücksichtigt worden war. Die Behörde wies den Widerspruch als unbegründet zurück, da nur die Änderung zu berücksichtigen sei. Der ursprüngliche Fehler des Jobcenters sollte nach dessen Meinung im Aufhebungsbescheid nicht beseitigt werden. Das Jobcenter war also der Meinung, es dürfe über § 48 SGB X einen rechtswidrigen Zustand herstellen und Geld von dem Kläger zurückfordern, dass diesem teilweise rechtlich zustand. Der Hintergrund war selbstverständlich, dass die Behörde nicht die Kosten des Widerspruchsverfahrens tragen wollte sondern die Einwendungen des Klägers lieber als Überprüfungsantrag gewertet hätte.

[Die Entscheidung]

Das SG hat nun entschieden, dass die Behörde auch bei Aufhebungen nach § 48 SGB X keinen Zustand herstellen darf, der negativ von einem eigentlich rechtmäßigen Zustand abweicht. Das SG argumentiert sehr präzise, dass nur solche Änderungen wesentlich iSd § 48 SGB X seien, die ohne
Wiederholung des anfänglichen Fehlers, Anlass für die Änderung geben. Die Einkommenserzielung war also nur soweit wesentlich, wie sie nicht durch den Mehrbedarf „gedeckt“ war.

5. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Arbeitsförderung nach dem ( SGB III )

5. 1 Sozialgericht Karlsruhe, Urteil vom 27.01.2015 – S 17 AL 755/14

Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe; wichtiger Grund; Selbständigkeit; Eigenkündigung zur Erlangung eines Gründungszuschusses

Leitsatz (Juris )
Eine Eigenkündigung zur Erlangung eines Gründungszuschusses für eine geplante Selbständigkeit, stellt keinen wichtigen Grund im Sinne des § 159 Abs.1 Satz 1 SGB III dar.

Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=175575&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

6. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Sozialhilfe ( SGB X II )

6. 1 Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 18.02.2015 – L 2 SO 3641/13 – nicht rechtskräftig

Inklusion: Landkreis muss Kosten für Schulbegleiter tragen

Leitsatz (Autor)
Der Sozialhilfeträger hat die Kosten für die erforderliche Schulbegleitung einer Grundschülerin mit Down-Syndrom bei Besuch einer Regelgrundschule mit inklusiver Beschulung im Rahmen der Eingliederungshilfe zu tragen, wenn sich die Schulbegleitung auf unterstützende Tätigkeiten beschränkt.

Quelle:Pressemitteilung LSG vom 18.02.2015: http://www.lsg-baden-wuerttemberg.de/pb/,Lde/Inklusion_+Landkreis+muss+Kosten+fuer+Schulbegleiter+tragen/?LISTPAGE=2292856

6. 2 LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 12. Februar 2015 (Az.: L 8 SO 264/14 B ER):

Leitsätze Dr. Manfred Hammel:
1. Der Geltendmachung eines Anspruchs auf Übernahme ungedeckter Heimkosten gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 SGB XII steht entgegen, dass die durch die Unterbringung in einer stationären Pflegeeinrichtung (§§ 61 ff. SGB XII) entstehenden Aufwendungen lediglich teilweise Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 35 SGB XII) darstellen.

2. Ungedeckte Heimkosten können hingegen einen Bedarf im Sinne des § 61 Abs. 1 / Abs. 2 SGB XII und keinen von den §§ 27 ff. SGB XII umfassten Bedarf an Hilfe zum Lebensunterhalt begründen.

3. Die von einem Einrichtungsträger wegen Zahlungsverzug ausgesprochene Kündigung des Heimvertrags begründet eine besondere Eilbedürftigkeit einer Sozialrechtssache.

6. 3 Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.12.2014 – L 23 SO 82/13 – Die Revision wird zugelassen.

Bedarfsdeckung vor Kenntnis des Sozialhilfeträgers – laufender Sozialhilfebedarf

Zur Frage der Wirkung der Kenntnis des Sozialhilfeträgers nach § 18 SGB XII bei neu entstehenden Bedarfslagen im laufenden Bezug von Sozialhilfeleistungen.

Leitsatz (Autor)
Träger der Sozialhilfe muss einem Hilfeempfänger der Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bezieht keine Fahrtkosten für den Besuch seiner in Dortmund lebenden, schwer erkrankten Mutter erstatten, wenn der Sozialhilfeträger keine Kenntnis von dem Bedarf des Hilfeempfängers hatte.

Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=175372&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

7. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Sozialhilfe ( SGB X II )

7. 1 Sozialgericht Dortmund, Urteil vom 13.01.2015 – S 62 SO 45/13

Träger der Sozialhilfe müssen lediglich die kopfanteiligen Mietkosten zahlen, wenn behinderte Kinder nach Erreichen der Volljährigkeit weiter mit ihren Eltern in einem Haushalt leben und nicht über eine abgeschlossene Wohneinheit verfügen.

Leitsätze (Autor)
1. Wenn mehrere Personen in einer Wohnung leben, sind die Aufwendungen für die Unterkunft innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft regelmäßig nach dem Kopfteilprinzip zu verteilen; dass gilt auch bei Haushaltsgemeinschaften unter Verwandten ( vgl. BSG zum SGB II, Urteil vom 22.08.2013 – B 14 AS 85/12 R).

2. Diese Judikatur ist uneingeschränkt auf die Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII zu übertragen.

3. Dies gilt auch dann, wenn behinderte Kinder nach Erreichen der Volljährigkeit weiter mit ihren Eltern in einem Haushalt leben und nicht über eine abgeschlossene Wohneinheit verfügen.

4. In einer solchen Konstellation ist es nicht gerechtfertigt, die üblichen Angemessenheitskriterien zugrunde zu legen, sondern die tatsächlichen Kosten sind pro Kopf aufzuteilen.

5. Der Grund dafür liegt darin, dass eine Vermietung des von den Kindern bewohnten Wohnraums nach deren Auszug an Dritte nicht in Betracht kommt, wenn es sich nicht um eine abgeschlossene Wohneinheit handelt.

6. In einer solchen Konstellation kann es daher nicht auf die vertraglich vereinbarte Miete ankommen, sondern die Unterkunftskosten sind nach der Kopfteilmethode zu berechnen. Für die Anwendung dieser Grundsätze auch auf Haushaltsgemeinschaften unter Verwandten – unabhängig vom Bestehen einer Einstandsgemeinschaft – spricht darüber hinaus, dass ansonsten eine Missbrauchsgefahr bestände.

Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=175630&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

7. 2 Sozialgericht Karlsruhe, Urteil vom 27.01.2015 – S 4 SO 4416/12

Zum Nothelfer-Anspruch nach § 25 SGB XII.

Leitsatz (Juris )

Ein Nothelfer-Anspruch nach § 25 SGB XII ist ausgeschlossen, wenn eine stationäre Unterbringung in der Psychiatrie nicht medizinisch indiziert ist, sondern dem Schutz der Allgemeinheit vor Straftaten dienen soll.

Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=175573&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

7. 3 SG Heilbronn, Beschluss vom 12.02.2015 – S 11 SO 1505/13

Stadt Heilbronn muss nach verlorenem „Musterprozess“ höhere Miete von Sozialhilfeempfängerin zahlen.

Leitsatz (Autor)

Die dem städtischen Konzept zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zugrundeliegende Datenerhebung reicht nicht aus.

Quelle Juris : http://www.juris.de/jportal/portal/t/1bw8/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA150200348&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

Anmerkung: Derzeit sind zahlreiche, mit Blick auf das „Musterverfahren“ ruhend gestellte Klagen beim Sozialgericht anhängig, in denen ebenfalls streitig ist, bis zu welcher Höhe die Mietkosten von Hartz IV- sowie Sozialhilfeempfängern in Heilbronn zu übernehmen sind.

8. Keine Einstandsgemeinschaft: Jobcenter darf wegen Beziehung kein Hartz IV streichen.

Hartz IV Empfängern, die als Paar in getrennten Wohnungen leben, darf nicht ohne Weiteres das Arbeitslosengeld 2 gestrichen werden, da eine Beziehung nicht unbedingt eine Einstandsgemeinschaft ist. Dies ergibt sich aus einem Urteil des bayerischen LSG.

weiterlesen: http://www.juraforum.de/recht-gesetz/keine-einstandsgemeinschaft-jobcenter-darf-wegen-beziehung-kein-hartz-iv-streichen-507854

9. BSG verneint Anspruch auf abstrakte Zustimmung des Sozialhilfeträgers zum Umzug – ein Beitrag von den Rechtsanwälten Fritz und Kollegen zu dem BSG, Urt. v. 17.12.2014 – B 8 SO 15/13 R.

Das Urteil ist – wie durch das Gesetz vorgegeben – unter Mitwirkung von ehrenamtlichen Richtern zustande gekommen. Dabei gilt für die Sozialhilfe und das AsylbLG die Besonderheit, dass beide ehrenamtlichen Richter von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände vorgeschlagen werden (§ 46 Abs. 4 SGG). Die kommunalen Spitzenverbände sind u.a. Interessenvertreter der Sozialhilfeträger, die in Verfahren, die Leistungen der Sozialhilfe betreffen, in aller Regel beklagte Partei sind. Die beiden ehrenamtlichen Richter, die im vorliegenden Verfahren mitentschieden haben, sind beruflich tätig als Funktionäre des Deutschen Städte- und Gemeindebundes und des Städte- und Gemeindebundes Sachsen-Anhalt. Diese Regelung dürfte sowohl grundsätzlich, als auch im konkreten Fall gegen den Grundsatz verstoßen, dass die Justiz „unabhängig und unparteiisch“ (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK) sein muss. (rr)

Quelle: http://www.sozialrecht-in-freiburg.de/

10. TP: Wann dürfen Telefonnummern von Jobcenter-Mitarbeitern veröffentlicht werden?

Der Streit über Veröffentlichung und Entfernen der Liste durch die Piraten

Viele Erwerbslose kennen das Problem. Sie wollen ihre Sachbearbeiter im Jobcenter telefonisch in einer dringenden Angelegenheit erreichen und haben keine Telefonnummer. In der Jobcenter-Zentrale werden sie aber nicht weitergeleitet. Bis letzte Woche konnten sie über das Wiki der Piratenpartei die Telefonnummern erfahren.

Weiter: http://www.heise.de/tp/news/Wann-duerfen-Telefonnummern-von-Jobcenter-Mitarbeitern-veroeffentlicht-werden-2553191.html

11. BA-Presseinfo Nr. 08: Warnung vor gefälschten E-Mails

Bundesagentur warnt vor gefälschten E-Mails, die wegen eines angeblichen Serverausfalls persönliche Daten abfragen.

Pressemitteilung der Bundesagentur für Arbeit vom 19. Februar 2015: http://www.arbeitsagentur.de/web/content/DE/Presse/Presseinformationen/index.htm

12. Anmerkung von Dr. Steffen Luik, RiLSG BWB zu BSG, Urt. v. 02.04.2014 – B 4 AS 29/13 R: Verhältnis zwischen Antrag auf Arbeitslosengeld nach dem SGB III und solchen nach dem SGB II.

Leitsatz

Mit einem bei der Agentur für Arbeit gestellten Antrag auf Arbeitslosengeld nach dem SGB III können zwar unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsgrundsatzes und der konkreten Umstände des Einzelfalls auch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II beantragt worden sein, jedoch umfasst ein Antrag auf Arbeitslosengeld nicht grundsätzlich einen solchen auf Arbeitslosengeld II/Sozialgeld.

Quelle Juris PR-SozR 4/2015 Anm. 1: http://www.juris.de/jportal/portal/t/17gv/page/homerl.psml?nid=jpr-NLSR000001815&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

13. Claudius Voigt, GGUA: Neues Asylbewerberleistungsgesetz tritt zum 1.3.2015 in Kraft

Nach dem neuen, am 1. März in Kraft tretenden AsylbLG werden nur die Personen mit § 25 Abs. 5 ins SGB II überführt, wenn die Entscheidung über die Aussetzung ihrer Abschiebung bereits 18 Monate zurück liegt. Dies gilt leider nicht für die Aufenthaltserlaubnisse nach § 23 Abs. 1 „wegen des Krieges“ sowie § 25 Abs. 4 Satz 1 – diese bleiben auch künftig dauerhaft im AsylbLG. Das ist zwar kaum nachvollziehbar, aber so beschlossen worden.

Hier eine Arbeitshilfe zur Frage SGB II oder AsylbLG, sowie der neue Gesetzestext inkl. einer Tabelle der künftig geltenden Regelbedarfsstufen (siehe unten), da die im verabschiedeten Gesetzestext stehenden schon wieder veraltet sind:

Das AsylbLG ab 1. März 2015 inkl. der neuen Regelbedarfsstufen (Gesetzestext): http://www.ggua-projekt.de/fileadmin/downloads/tabellen_und_uebersichten/asylblgnovember.pdf

Arbeitshilfe: AsylbLG oder SGB II? (März 2015): http://www.ggua-projekt.de/fileadmin/downloads/tabellen_und_uebersichten/asylblg_oder_sgb_ii.pdf

Autor des Rechtsprechungstickers: Willi 2 von Tacheles – alias Detlef Brock
Quelle „Tacheles-Rechtsprechungsticker, http://www.tacheles-sozialhilfe.de