Das LSG Niedersachsen bemängelt weiterhin das Konzept des Landkreises Göttingen zur Angemessenheit der Kosten der Unterkunft
By : Rechtsanwalt Denis König | Category : Sozialrecht | No Comments
10th Feb 2017
Der Landkreis Göttingen ist als Leistungsträger nach SGB II verpflichtet, die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung zu übernehmen, soweit diese angemessen sind, § 22 SGB II. Das Bundessozialgericht verlangt dafür ein schlüssiges Konzept. Liegt dieses nicht vor oder erweist sich das Konzept als rechtswidrig, so muss das Jobcenter auf die Tabelle des § 12 WoGG zurückgreifen.
Der Landkreis hat dafür ein Gutachten in Auftrag gegeben, das sogenannte A&K-Gutachten von 2012. 2014 wurde das A&K-Gutachten angepasst und die Höchstbeträge erhöht. Damit die angemessenen Höchstwerte nicht zu hoch sind, hat das A&K-Gutachten die Stadt Göttingen, die Gemeinde Rosdorf und Flecken Bovenden mit allen ihren Ortschaften zusammengefasst und betrachtet sie als eine Einheit.
In seinem Beschluss vom 19.12.2016 – L 11 AS 953/16 B ER bemängelt das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen das Konzept wegen dieser Zusammenfassung als „nicht hinreichend nachvollziehbar belegt“. Die Zusammenfassung von Göttingen, Rosdorf und Bovenden begegnet rechtlichen Bedenken, so das Gericht, die durch Stellungnahmen des Landkreises Göttingen nicht ausgeräumt werden konnten. Zu beachten ist, dass es sich um ein Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz handelte. Ob der Landkreis Göttingen im Hauptsachrverfahren (das Klageverfahren ist anhängig, gegen weitere Bescheide wurden Widersprüche eingelegt) schafft, diese rechtlichen Bedenken auszuräumen, ist nicht absehbar.
Zutreffend hat das Landessozialgericht auch darauf hingewiesen, dass diese Zusammenfassung im Widerspruch zum WoGG bzw. der Anlage zu § 1 Abs. 3 Wohngeldverordnung steht. Der Stadt Göttingen, Bovenden und Rosdorf sind unterschiedliche Mietenstufen zugeordnet, was für ein unterschiedliches Preisniveau spricht und eine Zusammenfassung dieser drei Gemeinden somit nicht zulässig sein dürfte, weil die Einbeziehung der günstigeren Mietpreise in Bovenden bzw. Rosdorf zu einer niedrigeren und damit unzutreffenden Mietobergrenze für die Stadt Göttingen führt.
Nicht unerwähnt werden darf, dass der 11. Senat seine Rechtsprechung zur Eilbedürftigkeit in Rechtsstreitigkeiten über die KdU bekräftigt hat. Die Eilbedürftigkeit (der sogenannte Anordnungsgrund) ist nicht erst zu bejahen, wenn Mahnungen ausgesprochen wurden oder gar eine Räumungsklage angedroht ist, wie es das Sozialgericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des 7. Senats bestimmt hat. Es reicht bereits eine Deckungslücke aus, die durch andere Mittel nicht gedeckt werden kann.