Das Bundesarbeitsgericht setzt Grenzen für Arbeitnehmerüberwachung durch den Arbeitgeber | Rechtsanwalt König in Göttingen für Strafrecht Arbeitsrecht Sozialrecht Ausländerrecht Rechtsanwalt in Göttingen für Strafrecht Arbeitsrecht Sozialrecht Ausländerrecht

20th Feb 2015

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass der Arbeitgeber rechtswidrig handelt, wenn er einen krankgemeldeten Arbeitnehmer von einem Detektiv überwachen lässt, ohne dass sein Verdacht auf konkreten Tatsachen beruht. Gleiches gilt für heimlich hergestellte Videoaufnahmen und Fotos.

Die klagende Arbeitnehmerin war bei dem beklagten Unternehmen seit 2011 als Sekretären beschäftigt. Sie war seit Ende Dezember 2011 arbeitsunfähig erkrankt und reichte zunächst bis Ende Februar 2012 nacheinander sechs Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen beim Arbeitgeber ein, vier von einem Facharzt für Allgemeinmedizin und zwei von einer Fachärztin für Orthopädie. Die Geschäftsführung des Arbeitgebers bezweifelte den zuletzt mitgeteilten Bandscheibenvorfall und beauftragte einen Detektiv mit der Überwachung der Klägerin, was von Mitte bis Ende Februar erfolgt ist. Es wurden das Haus der Klägerin überwacht, wie die Klägerin und ihr Ehemann mit dem Hund vor dem Haus waren, und der Besuch der Klägerin in einem Waschsalon. Die Aufnahmen wurden dem Arbeitgeber übergeben.

Die Klägerin hält die Überwachung und die hergestellten Videoaufnahmen für rechtswidrig und fordert von dem Arbeitgeber ein Schmerzensgeld, wobei sie 10.500,00 EUR für angemessen hält. Ebenfalls macht sie geltend, sie habe erhebliche psychische Beeinträchtigungen erlitten.

Das Landesarbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 1.000,00 EUR stattgegeben. Beide Parteien legten Revision ein, die ohne Erfolg blieben. Der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts entschied, dass die Überwachung und die Herstellung der Aufnahmen ohne einen berechtigten Anlass waren rechtswidrig. Der Umstand, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von verschiedenen Ärzten stammten oder der Bandscheibenvorfall zunächst von einem Hausarzt behandelt worden sind, ändert nichts an deren Beweiswert. Ein höheres Schmerzensgeld lehnten die Erfurter Richter dagegen ab. Auch haben die Richter keine Entscheidung darüber getroffen, wie die Videoaufnahmen zu bewerten wären, wenn der Arbeitgeber einen berechtigten Anlass zur Überwachung hätte.

Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 19. Februar 2015 – 8 AZR 1007/13

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil vom 11. Juli 2013 – 11 Sa 312/13

Anm.:
Hat der Arbeitgeber Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit, so kann verlangen, dass die Krankenkasse eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes einholt.

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